Samstag, 1. März 2014

Entscheidungen treffen



Oder: wieso niemand jemals Recht hatte

Jeden Tag treffen wir unzählige Entscheidungen, die meisten davon, ohne dass wir es merken. Egal ob wir überlegen die Dusche noch etwas heisser zu stellen oder ob wir im Kreisverkehr noch schnell vor den blauen Mazda einscheren. Die meisten Entscheidungen fallen uns leicht, genau darum bemerken wir sie eben auch kaum. Aber selbst bei den kleinsten Entscheidungen können wir uns nicht sicher sein, ob sie richtig sind. Gerade versuche ich die richtige Position zu finden, auf der Couch liegend diesen Blog zu schreiben, zwei von drei Entscheidungen sind falsch was sich unmittelbar bemerkbar macht. Aber wo genau sitzt unser Zentrum für falsche Entscheidungen und wie lösen wir es aus?

Manchmal geht es ja um mehr als nur um die richtige Duschtemperatur. Manchmal entscheiden wir uns heute und finden erst viel später heraus ob wir richtig lagen. Und dann ist es eigentlich schon zu spät um überhaupt zu sagen was richtig wäre. Denn, wir werden nie wissen wie es sich mit einer anderen Entscheidung gelebt hätte. Das heisst doch im übertragenen Sinne, dass wir entscheiden können, was wir wollen – es wird nie richtig sein. Zugegeben, diese Theorie hat ihre Grenzen, aber selbst die sind flexibel. Jeder würde wohl zustimmen, dass es eine schlechte Idee ist eine Tankstelle zu überfallen, dennoch passiert das nicht all zu selten. Also wer liegt nun falsch? Wir, da wir in der Annahme leben, dass es keine gute Entscheidung ist, oder die anderen, die die Entscheidung treffen und mit deren Konsequenz leben?

Angenommen: es gibt verschiedene Zentren die unsere Entscheidungen steuern. Kann meiner Meinung nach das „Wissen“ keines davon sein, denn wir kennen die ja Zukunft nicht. Wir können nicht wissen was passiert, es sei denn wir bilden ein wissenschaftliches Experiment unter neutralen Bedingungen nach. Aber was wir dann machen ist eine Wiederholung der Vergangenheit, kein Schritt in die Zukunft. Dahingegen ist die „Angst“ wohl eines der meist tangierten Zentren, wenn es um Entscheidungen geht. Wenn man sich dagegen entscheidet etwas zu tun, dann meistens aus der Angst vor etwas heraus. Es gibt persönliche Ängste, irrationale Ängste sowie fremdgesteuerte Ängste. Jede kleine Angst macht unser Universum kleiner. Manche Ängste helfen uns, keine zu grossen Risiken einzugehen und einige wenige bewahren uns davon unser Leben zu riskieren, aber alle andern lassen uns schrumpfen. So klein, dass die Welt um uns herum immer unerreichbarer scheint. „Egoismus“ ist ein anderes Entscheidungszentrum. Das wohl am schwierigsten begreifbare wenn man mich fragt. Viele Entscheidungen treffen wir für uns. In einer idealen Welt macht man genauso viel für sich, wie man für andere tut. Dabei bleibt niemand auf der Strecke und alle sind glücklich. Aber in der Realität sind wir entweder gnadenlose Egoisten oder emotionale Krüppel. Selbst wenn es nicht so ist, finden wir immer eine Person in unserer Nähe die es so sieht. Wieviel Egoismus also gerade richtig ist, ist undefiniert und genau hier beginnt das Schlamassel. Wie soll man eine Entscheidung treffen, wenn die Grundlage dazu gar nicht geschaffen wurde?

Was treibt uns noch an Entscheidungen zu treffen? Die Zeit, das Geld, unsere Freundschaften oder unsere Feindbilder? Am Ende sind es doch immer Ängste oder Egoismen die uns auch dabei treiben. Die Angst die gleichen Fehler zu machen wie andere oder der Wunsch nach eigenen Bedürfnissen.

Legendär sind die Filmmomente in denen einer gefragt wird: würdest du es heute wieder so machen und untermalt von einer tragischen Melodie folgt ein stummes Nicken und eine herzzerreissende Umarmung. So gerne ich heute bin, wer ich bin, so glaube ich dennoch, dass ich manche Entscheidung hätte anders fällen können. Was wenn ich das eines Tages herausfinde, das ich das auch hätte machen müssen?

1 Kommentar:

  1. Liebe Milly

    Den Preis einer Entscheidung weiss der geneigte Betriebswirtschafter sogar mit einem Fremdwort zu benennen: Er spricht von Opportunitätskosten, als von der Summe des möglichen Ertrages aller durch den Entscheid nicht gewählten Optionen.

    Die Opportunitätskosten, die sich aufrechnen lassen, wenn Du heute früh erneut entschieden hast, die Tankstelle nicht zu überfallen, an der Du jeweils zu Wochenbeginn Deine Karre vollmachst, sind:
    - jede Menge Kohle, davon alles steuerfrei
    - ein spannendes Leben auf der Flucht
    - viele verruchte Männerbekanntschaften im halbseidenen Milieu
    - dann schliesslich Verhaftung, Verurteilung, womöglich nicht auf Bewährung bei Anwendung von Waffengewalt
    - dann fünf bis zehn Jahre in einer Haftanstalt
    - danach herzerweichendes Zusammenkommen mit Exfreund, der mittlerweile der gemeinsamen Coiffeuse zwei Kinder gemacht hat
    Klingt eigentlich ziemlich spannend, und ich bin für den Moment ganz froh, dass ich mit ÖV pendele.

    Aber eben: Es sind Kosten von nicht wahrgenommenen Opportunitäten, und als solche bleiben sie selbst bei genauer Schätzung letztlich unbestimmt, ein Trugbild, das sich nicht realisiert - und aufgrund der gefällten Entscheidung auch bei späterem Überdenken des Entscheides nicht mehr realisieren werden. Vorbei.

    Und das ist dann schliesslich die Antwort auf die letzte aller Fragen: Was, wenn Du eines Tages herausfinden musst, dass Du einen fundamentalen Fehlentscheid gefällt hast? Gar nichts. Der Entscheid bleibt der selbe, und als Fehler tituliert ihn nur Deine heutige Sichtweise. So gibt es in diesem Moment dann genau zwei Handlungsoptionen - und auch diese sind wieder Entscheide: a) es durchziehen oder b) heute eine Option wahrnehmen, die den vergangenen Entscheid wenigstens ein bisschen in die Richtung korrigiert, die Du als die Richtige betrachtest. Wohlgemerkt: Heute betrachtest.

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