Mittwoch, 15. Februar 2012

Ich liebe Bad Boys

ich will nur keinen

Es gibt eine Zeit im Leben junger Frauen, da werden Männer anhand einer Handvoll unlogischer Kriterien ausgewählt. Ganz zuvorderst: er darf den Eltern bloss nicht gefallen. Ein Mann, bei dem die Mutter verzückt in die Hände klatscht und der Vater ihn freundschaftlich in den Arm nimmt, den will keiner. (Ganz anders übrigens bei jungen Männern, Ziel ist schon ein süffisantes Zwinkern des Vaters hinter dem Rücken der Mutter.) Diese Revolution ist legendär, geschichtsträchtig und lange nichts Neues. Man redet von Aufstand, loslösen vom Elternhaus und der Idee, alles anders zu machen wie das, was man nun seit Jahren gesehen hat.

Ich als Vater würde das persönlich nehmen. Da würde ich vor den Spiegel stehen, die Brille auf dem Nasenrücken hin und her schieben und überlegen, was an mir so schlimm ist. War ich denn kein Vorbild für mein Töchterlein? Wahrscheinlich nicht, sage ich, als Tochter. Nicht, dass Mann etwas anders machen könnte, in den knapp 13 Jahren bis zur ersten Gegenüberstellung mit seinem Komplementär bleiben. Nein, da bleibt diese Anziehungskraft des Unbekannten. Fräulein möchte hinter die Fassade dessen sehen, was sie nun kennengelernt hat. Wäre ein interessantes pädagogisches Modell, sich als Vater 13 Jahre lang wie ein ungebildeter, trotziger, mies-erzogener Teenager zu verhalten um zu sehen, welchen Mann sich das Töchterlein dann aussucht. Ich möchte wetten, es ist ein liebenswerter Jungspund, falls es sowas heute noch gibt.

Was wäre wenn…
Hollywood hat es uns vorgemacht. Mädelsabend, im Zentrum des Films steht ein Mann, der nach allen Regeln der Menschlichkeit alles falsch macht. Zumeist mordet, prügelt, trinkt, raucht, pöbelt er. Trotzdem sitze ich da und hoffe und bange für den Erfolg dieses Anti-Typen. Ich liebe Bad Boys. Ein heimlicher Gedanke verfrachtet den Herren auch gerne schon mal zu mir nach Hause. Aber dann stellen wir das Popcorn zur Seite, ich drücke meinen Freundinnen ein Küsschen auf die Wange und wir machen uns auf den Heimweg.

Was wäre wenn ich die Türe aufsperre und mir eine Wolke Zigaretten-Rauch entgegen strömt? Und dann sitzt er da. Muskeln zwischen Kinnlade und kleinem Zehen. Feinripp der sich an diesen entlangschlängelt, in die Haut versenkte Bilder aus Tinte, Haare im Gesicht statt auf dem Kopf. Entzückt klatsche ich diesmal in die Hände und ignoriere den Gestank. Er steht auf, drückt mir ein Kuss auf die Stirn (in diesem Moment bin ich froh, dass wir uns nicht innig küssen, Bier & Zigaretten sind nicht gerade die charmantesten Liebhaber) und schlängelt sich an mir vorbei ins Badezimmer. Stehend vor dem WC lässt er keine Geheimnisse offen. Der neugierige Blick bleibt aber nicht da hängen, wo er sollte, sondern folgt den Tropfen die links und rechts aus dem WC springen. Seufz. Aus dem romantischen Kochen für zwei wird wohl auch nichts, heute. Schliesslich essen Bad Guys Spaghetti aus der Dose, kalt, oder lassen sich von halbbekleideten, scharfen Pizza-Lieferantinnen etwas bringen. Fragen ist nicht erlaubt. Papa konnte wenigstens kochen. Und er stand mit mir neben dem Topf und brachte mir bei, wie es klingt wenn Wasser siedet und dann endlich kocht. Ohne den Deckel zu lüpfen. Papa, naja – aber der sieht auch nicht gut aus in Feinripp.

Wir sind alle schon etwas älter, als diese frechen Gören die ihren Eltern etwas beweisen möchten. Dennoch zieht es uns immer noch magisch an. Das Ungewisse eines bösen Mannes. Unberechenbare Momente, die zumeist im Schlamassel enden, wenn man sie von der Leinwand ins Wohnzimmer holt. Viel länger können wir uns nicht mehr in die Ausrede verflüchtigen unsere Väter hättens uns vorgemacht. Falsch vorgemacht. Finden wir unsere Väter langweilig? Sind sie es? Oder unterschätzen wir sie? Waren sie vielleicht nicht ehrlich zu uns? Der erste Mann der uns durchs Leben begleitet, ist nun mal der Vater, also die Null-Version von dem, was wir später von Männern im Kopf haben. Unser Vater wollte sicher auch mal der Bad Guy für eine Generation Frauen sein. Und dann hat er sein Baby in den Armen gehalten und beschlossen – er will es prägen. Ihm die Welt zeigen und ein Vorbild sein, ein solches das sich dann auch einprägen kann. Auch wenn er sich dadurch vom Ruf trennen muss, seinen Schwiegereltern einfach nicht gefallen zu dürfen.

Vorbild sein hat eine gewisse Vernunft zur Voraussetzung. Vernunft ist rasiert. Vernunft ist Gemüse. Vernunft ist früh ins Bett. Bad Guys sind Bartstoppeln, Pizza und wenig Schlaf. Wer einmal Bad Guy hatte weiss: Stoppeln kratzen, Pizza macht fett und Schlafen kann so schön sein. In den Armen des richtigen. Drum überlassen wir Feinripp doch dem Beckham und stehen lieber zu zweit um einen Topf Pasta.