Dienstag, 28. Dezember 2010

Kleine sadistische Mädchen

Oder: SSS Schlitten Super Soldiers

Weihnachten kurz und schmerzlos. Einer schnappt die Päckchen unterm Baum, entziffert beim Wegtragen das Namenschild und schiebt es dem Empfänger durch den Raum zu. Kaum hat er sich umgedreht um diese Prozedur zu wiederholen, bis unter dem Baum nur noch Tropfen von heissem Wachs und verdorrte Tannennadeln übrig bleiben, fliegen hinter ihm Fetzen von bunt bemustertem Papier durch die Luft. Kleine Rentiere, die auf naturgebleichtes Papier verbannt wurden, bewegen sich tollpatschig durch die Hitze des Raumes und landen unbeachtet zwischen Couchkissen. Dort bleiben sie liegen, bis sich ein mit Weihnachtsessen vollgestopfter Hintern drauf setzt. Unter dieser Last zieht der Pantone-Rudolpf es vor, sich vor dem Weihnachtsspektakel zu verstecken. Die Schleife, die Rudolf und einen weit weniger hübschen Karton bis anhin verbunden hatte, hat sich in ein zu verachtendes Band verwandelt. Der Charme und die Würde, die die roten, verwebten Fänden durch die kunstvolle Mutation beim Verschlingen zu einer Schleife erlangt hatten, sind längst verflogen. Übrig bleiben hunderte kleiner Falten und die Belanglosigkeit, einfach nur Dekoration gewesen zu sein. Die Fassade ist hinunter, der Bann gebrochen. Auf dem Schlachtfeld steht nun noch die Kavallerie aus glänzenden, herausgeputzten, leuchtenden Stücken. Beobachtet von den gefallenen Soldaten mit glänzenden, bewundernden Augen. Eine besonders kleine Soldatin bahnt sich den Weg durch das Schlamassel. Die kleinen Füsse kommen kaum über die Papierberge hinüber, in einem letzten Versuch wagt ein besonders vorwitziges Geschenkband sich um das Bein zu schlingen. Doch die Soldatin kämpft sich tapfer voran, das Ziel vor Augen. Das schwarze Steuerrad hebt sich unmerklich vom roten Grund ab. Die Aufgabe des kürzlich befreiten Objekts muss ausfindig gemacht werden. Es fehlen Räder und ein Dach, dennoch dient das Vehikel offensichtlich zur Fortbewegung. Wie nur?

Mittwoch, 15. Dezember 2010

E-Mail für Dich!

Ein ganz normaler Bürotag


Gesendet: Fr 03.12.2010 09:21
„Sehr geehrte Partner,

anbei senden wir Ihnen die aktuelle Aktion im Dezember 2010:
Beim Kauf einer Tape Library bis zum 31.Dezember 2010 erhalten Sie eine KOSTENLOSE Advanced Reporting-Lizenz.
Alle Details entnehmen Sie dem Flyer anbei. Für alle Fragen und Auskünfte stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Ihr Ansprechspartner:
XXXX

Einen schönen Tag.
Freundliche Grüsse / Kind regards“



Gesendet: Freitag, 3. Dezember 2010 10:37
„Aiaiai... jetzt fängst du schon an zu spammen :-))
Na, geht’s dir gut? Hier bei der xxx sind alles Deutsche... und ich fall schon wieder in die gleiche Rhetorische Falle :-(

PS.. antworte doch auf xxx

Grüsse,
X“

Gesendet: Freitag, 3. Dezember 2010 11:10
Sehr geehrter Herr xxx,

herzlichen Dank für Ihr Mail. Es tut uns leid, dass sie sich durch unsere exklusiven Informationen belästigt fühlen. Bitte beachten Sie jedoch, den ENORMEN Nutzen, den Sie durch unser Informations-System erhalten und überdenken Ihre Beschwerde noch einmal.

Gerne möchten wir Sie in unserer Adresskartei korrigiert einsetzen, können Sie mir hierzu Ihre neuen Koordinaten zukommen lassen?

Für den retorischen Umgang mit der deutschen Spezies empfehle ich Ihnen: einfach darauf los reden, und alles "kriegen" und "asap fordern" - so fühlt sich die Spezies schnell zuhause und eine schwerfällige Integration im neuen Umfeld bleibt ihr erspart. Geben Sie ihr reichlich Currywurst zur Ernährung und fügen Sie ab und an ein Tröpfchen Bier bei, dann wird sie sich wohlig auf dem Boden wälzen, die Beine von sich gestreckt und heitere Laute von sich geben.

Bis auf weiteres verbleibe ich mit besten Grüsse.
Hochachtungsvoll – MM“



Gesendet: Freitag, 3. Dezember 2010 12:06

„Sehr geehrte Frau xxx

Zuerst möchte ich mich bei Ihnen für Ihr ausführliches Mail bedanken und bestätige Ihnen hiermit, dass Ihr Newsletter für mich einen ENORMEN Nutzen bringt:

- Tägliche Prüfung der Antispam Lösung.

Gerne bestätige ich Ihnen hiermit, dass meine Spamlösung entsprechend funktioniert.

Meine Koordinaten in Ihrem System sind weiterhin korrekt und bedürfen an keiner Anpassung.

Ihre Tipps bezüglich einfacher Integration werde ich gerne austesten und Ihnen mein Feedback weiterleiten.
Dafür habe ich folgende Checkliste erarbeitet:



Bitte um Feedback oder Ergänzungen.

Freundliche Grüsse zur xxx wünscht Ihnen hochachtungsvoll und verbeugend,

M Gustav Heinrich X“


Gesendet: Freitag, 3. Dezember 2010 15:35
„Werter Herr X,

in Vorbeugung weiterer Verbeugungen erwähne ich an dieser Stelle, dass dies durchaus nicht notwendig ist.

Da Sie die Umsetzung Ihrer eigenen Integration in ein germanistisches Umfeld erst zum Ende des kommenden Jahres planen, bitte ich Sie, bis dahin Ihren Aufenthalt unter der Spezies bis auf weiteres von starkem "Eigenverhalten" zu prägen, um eine klare Grenze zwischen den beiden Populationen aufzuzeigen. Mögliche Verhaltensweisen hierfür sind: lautes Ausrufen von spezieseigenen Lauten (zum Beispiel "Chr chr cccchr"), regelmässiges auf- und abstolzieren an den Territoriumsgrenzen und die Kennzeichnung ihres Reviers durch urinieren.

Bitte teilen Sie uns bei Gelegenheit Ihre Forschungsergebnisse mit.

Ein schönes Wochendende,
Prof. MM“